Literatur und Raum – Der Spatial Turn in den Literaturwissenschaften

11. Oktober 2009

Die Diskussion um den spatial turn in den Kulturwissenschaften nimmt endlich konkretere Züge an, indem sie sich stärker als bisher in den einzelnen Disziplinen rückverankert. Fallstudien zeigen, wie von den Perspektiven des spatial turn neue Impulse für die disziplinäre Arbeit ausgehen. Jüngstes Beispiel ist der von Wolfgang Hallet und Birgit Neumann herausgegebene und gerade in Bielefeld bei transcript erschienene Band “Raum und Bewegung in der Literatur. Die Literaturwissenschaften und der Spatial Turn”. Beiträge zu (Wissens-)Räumen in der Literatur, zur literarischen Verarbeitung von Raumerfahrungen, zu gattungsspezifischen Fragen von Raumdarstellung sowie zu Raumkonzepten in den Literaturwissenschaften setzen sich mit Raum als einer kulturellen Wahrnehmungskategorie auseinander, indem sie dieser einen dynamischen Akzent geben. Raum wird ausdrücklich mit Bewegung verknüpft und damit rückgebunden an die Selbstverortung von Subjekten, an ihr Handeln, an raumbildende, grenzüberschreitende Praktiken, an gendergeprägte Prozesse der Raumkonstitution, an Formen von mapping und Raumvermessung und nicht zuletzt an die konkreten literarischen Ausgestaltungen der räumlichen Vorgänge transkultureller Migration. Nicht nur die Literatur selbst erscheint in diesem Band als “raumkulturelles Medium”. Auch die Literaturwissenschaften demonstrieren hier, wie fruchtbar es ist, die bestehenden Analysekategorien der eigenen Disziplin durch “raumkulturwissenschaftliche Ansätze” zu erweitern und damit nicht zuletzt Anschlüsse an soziale und historische Raumreflexionen überhaupt zu gewinnen.